Steckbrief Fahrradgeschäft Weßling
Mit Fritz Weßling kamen fast alle Dankerser in Kontakt, die ein Fahrrad, ein Moped oder einen motorbetriebenen Rasenmäher hatten. Wenn’s dann um Kauf oder Reparaturen ging, traf man Weßlings Fritz in seinem kleinen Fachwerkhaus gegenüber der Kirche an. Ab 1950 eröffnete er nach Erhalt seines Meisterbriefs sein Geschäft „Zweiradtechnik und Handel“ unter der Adresse Sollort 4 in Dankersen. Im hinteren Teil des Hauses wohnte die Familie Weßling in bescheidenen Verhältnissen. Noch 2006, als ich ihn und seine Frau Lina besuchte, war sein Gewerbe noch angemeldet. Ein Pappschild an der Eingangstür wies aber darauf hin, dass er nur an wenigen Stunden und nur an einem bestimmten Tag geöffnet hatte. Noch in dem Jahr sah es hinter der hölzernen Eingangstür aus, wie schon in den letzten 50 Jahren. In die Jahre gekommene neue Fahrräder im Schaufenster und „historisches“ Zubehör warteten immer noch auf einen Käufer, aber Fritz‘ goldene Zeit war längst vorbei. Für das Foto setzte er aber nochmals seine bekannte „Schippermütze“ auf und begann, zu erzählen.
Fritz Weßling wurde 1920 in Cammer geboren und verstarb am 17.08. 2008. Als Schlossermeister reparierte er auch anfangs kleinere Landmaschinen. Mit Zunahme der Autobesitzer im Ort bot er sogar neben einer Zweitakt-Gemischsäule für die Mopeds und Motorräder auch „Normalbenzin“ der Marke Rückwarth an. Die Moped- und Rollermarke Zündapp war nach seinen Worten „der Renner“ der ersten Jahrzehnte. – In schwachen Zeiten wurde Fritz sogar erfinderisch. Er entwarf eine Flaschenbürste mit Schiebetechnik in einem dünnen Kunststoffrohr, das man ohne weiteres in den Flaschenhals ohne Berührung der Bürsten einführen konnte. Schob man dann den inneren Bürstenstab nach unten, breiteten sich die einzelnen Borsten auseinander und mit einigen Drehbewegungen wurde die Flasche perfekt sauber. Fritz ließ seine Erfindung sogar patentieren!
Selbst sah man ihn mit gelegentlich mit einem Fahrrad mit Hilfsmotor, der „Saxonette“ Er besaß aber auch lange Zeit einen Pkw, den Hansa 1500 Kombi, mit dem Ehefrau Lina, er und seine drei Töchter Christa, Lisbeth und Ingrid auch mal in den Wochenendurlaub fuhren.
Die älteren Dankerser kennen noch die Gemeindeschwester Gesine, die natürlich auch mit einem schönen schwarzem Damenrad mit einem silber glänzenden Weßling-Aufkleber auf dem Schutzblech durch ihre Kirchengemeinde fuhr. Darauf war Fritz sehr stolz und auch dann, wenn sie mal zum Luft aufpumpen zu ihm kam. Das konnte aber schon mal 20 Pfennig kosten!
Seitdem Lina Weßling am 3.11.2018 verstarb, verwaist das kleine Fachwerkhaus und es scheint, als hole sich die Natur Haus und Grundstück allmählich zurück. Eine Legende fand ein Ende!